Corona und die Veranstaltungsbranche: Aufgeschoben ist aufgehoben

Unbemannte Instrumente vor der angefressenen Spekulatius-Bühne – Sinnbild der Corona-Krise für die Veranstaltungsbranche

Corona, ein zähes Thema. Trotzdem: allgegenwärtig. Und die Fragen, wie wir mit dem Virus, der Pandemie, dem neuen Zustand am besten umgehen, verbreiten sich sogar noch schneller als das Virus. Die Masse der Antworten auch.

Wir schreiben Oktober 2020, bald ist das Jahr rum, Spekulatius wird in den Supermärkten längst angeboten und verkauft und die Hoffnung, in kleinen Gruppen zum Weihnachtsmarkt gehen zu dürfen ist noch nicht begraben. (Wir tragen natürlich unsere Namen in die Listen ein.)

Ich erinnere mich an das Gefühl während des Lockdowns, als just alles dicht war: Wie in Watte gepackt malte ich mir aus, wie die ganzen abgesagten Veranstaltung, für die ich dann noch nicht mehr beauftragt war, im Herbst nachgeholt werden sollten. Die absagenden Auftraggeber beschwichtigten: „Ist ja nur aufgeschoben. Kein Grund zur Panik!“ Aber ich machte mir Sorgen. Woher sollten wir nur die ganzen Locations hernehmen, wenn ja alles im Herbst nachgeholt würde? Denn – vor Corona – im Messebau war es ohnehin längst Usus, dass die Aufbauzeit der anstehenden Messe nahtlos an die Abbauzeit der vorausgegangenen Messe anknüpfte. Die Jobs für den Herbst waren sicher, klar, nur wie sollte ich mich zweiteilen?

Die Soforthilfe von NRW sollte unsere Liquiditätsengpässe decken, für Umsatzausfälle von uns Solo-Selbstständigen (die es zuhauf in der Veranstaltungsbranche gibt) einstehen. Danke, super, alles klar. Das ging so flott, der ganze sonst so anstrengende bürokratische Murks konnte wie durch ein Wunder aufgehoben werden.

Unbemannte Instrumente vor der angefressenen Spekulatius-Bühne – Sinnbild der Corona-Krise für die Veranstaltungsbranche
Unbemannte Instrumente vor der angefressenen Spekulatius-Bühne – Sinnbild der Corona-Krise für die Veranstaltungsbranche

Ich erinnere an einen Artikel von dem Zukunftsforscher Matthias Horx[1] von Mitte März diesen Jahres, den ich gelesen habe und sogar an ein paar meiner Freunde weiterleitete. Er gab mir Hoffnung. Beim Verfassen dieses Artikels lese ich den Text von Horx noch einmal: Horx hat viele Dinge vorausgesagt, die immer noch denkbar sind. Er schreibt an einer Stelle über den Herbst 2020 und die Erleichterung: „Wir werden uns wundern, dass die sozialen Verzichte, die wir leisten mussten, selten zu Vereinsamung führten.“

Mag sein, sicherlich sind wir auf anderen Kanälen näher zusammengerückt, haben ein Glas Wein am Freitagabend in der Videokonferenz getrunken, haben mehr telefoniert. Horx spricht außerdem von der möglichen Abwahl Donald Trumps, dem möglichen Zerreißen der AfD und den nur kurz aufploppenden Verschwörungstheorien.

Aktuell können wir eher fürchten, dass Trump wiedergewählt wird, Wendler, Hildmann und Naidoo sorgen immer wieder für Schlagzeilen und die NRW-Soforthilfe für Soloselbstständige entpuppt sich als eine üble Farce, denn das ursprünglich für Umsatzausfälle angekündigte Geld soll nun rückwirkend für Betriebskosten verwendet werden – Betriebskosten, die viele Solo-Selbständige einfach nicht haben.

Wir haben also vermutlich noch etwas länger von der Pandemie. Ich habe viele Bekannte gefragt, ob sie sich denn direkt impfen lassen würden, da oft die Veröffentlichung des Impfstoffes mit dem Ende der Pandemie gleichgesetzt wird. Die meisten verneinen das, darunter auch Ärzte und Apotheker. Zu kurz sei die Testphase für den noch so jungen Impfstoff, zu gering das Wissen über Nebenwirkungen, zu hoch die Angst, heißt es einstimmig.

Jetzt mache ich mir wieder Sorgen über die ganzen Veranstaltungen, meine Jobs, die daran hängen. So viele Menschen, Kollegen und Freunde ich im Bereich Messebau und Veranstaltungen kennengelernt habe … Von dem Großteil weiß ich, dass sie sich aktuell umorientieren. Was ist, wenn es nächstes, übernächstes oder über-übernächstes Jahr wieder losgeht mit den Messen und Großveranstaltungen? Was ist, wenn sie keiner aufbaut?

Ich schaue schließlich auch nach links und rechts, während der bürokratische Murks noch ausgiebig sondiert wird. Wäre ich nochmal bereit, mich um- oder vielmehr zurück zu orientieren? Zurück zur Veranstaltungsbranche, die als erstes dicht macht und als letztes wieder öffnet? Keine Ahnung.

In eigner Sache: Ich bin jetzt Texter. Davor war ich jedoch selbst in der Messe- und Veranstaltungsbranche tätig u. a. als Eventmanager zur Gamescom für Activision Blizzard über mehrere Jahre (freiberuflich).


[1] Horx, Matthias: 48 – Die Welt nach Corona. (https://www.horx.com/48-die-welt-nach-corona/ letzter Abruf: 14.10.2020)

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